TRAGEN IN EIN ETWAS ANDERES LEBEN

Zum Tragen "besonderer" Kinder
Bettina Attenberger, Ergotherapeutin, Gründerin der Trageschule-NRW

Was sind besondere Kinder?

Natürlich ist jedes Kind ist etwas ganz Besonderes. Eine einzigartige und wunderbare kleine Persönlichkeit, auf die man monatelang gewartet hat. Manchmal beginnt das Leben eines neugeborenen Kindes aber anders, als man es sich vorgestellt hat z.B. durch unerwartet auftretende körperliche und geistige Behinderungen. In so einer Situation ist das Leben nach der Geburt für die betroffenen Eltern mit größeren Umstellungen verbunden, als bei Eltern die ein ‚gesundes' Kind zur Welt gebracht haben.
Oft sind es dann noch die Umstände, die "BESONDERS" sind, z.B. durch irritierende Reaktionen auf die unerwartete Erkrankung des Kindes aus dem familiären Umfeld oder durch Freunde und Bekannte. Hinzu kommen häufige Arztbesuche, Klinikaufenthalte oder auch Therapeutentermine, die das gemeinsame Leben in ruhiger Atmosphäre stark BEHINDERN können.
In der Zeit nach solch einer Geburt, die begleitet wird von Ängsten, Trauer, Unsicherheit, Ablehnung, Verzweiflung, dem Hoffen und Bangen, dem Fragen nach dem ‚Warum' und vielen schlaflosen Stunden kann das Benutzen eines gut angepassten Tragetuches oder einer guten Tragehilfe eine sehr große Unterstützung sein.


Wie kann das Tragen in dieser aufregenden Zeit helfen?

Das Tragen der Babys befriedigt zunächst einmal deren Bedürfnis nach Körperkontakt und Geborgenheit und kann entscheidend zu mehr Beruhigung im Alltag beitragen.

Die Eltern haben öfter die Hände frei, können Aufgaben ohne ständige Unterbrechungen erledigen und haben trotzdem einen engen Kontakt zum Baby, was wiederum die Bindung stärkt.

Die Stillbeziehung kann positiv beeinflusst werden, bei nicht stillenden Müttern kann das Tragen wiederum den Körperkontakt zum Baby unterstützen.

Die Kommunikationsfähigkeit zwischen Babys und Eltern funktioniert besser, in der Tragehilfe bemerkt die Mutter sofort jede Regung, jedes Unwohlsein und kann prompt reagieren, ohne dass das Baby erst durch lautes Weinen auf sich aufmerksam machen muss.


Weitere Beispiele der Vorteile des Tragens:

Ein Baby mit einem GÖR (gastroösophagealer Reflux) kann durch das aufrechte Tragen am Körper sehr viel ruhiger werden, es liegt nicht dauernd in einer "Milchpfütze", hat weniger feuchte Kleidung, nach neueren Studien auch weniger Mittelohrentzündungen. Und weint wahrscheinlich sehr viel weniger, da die Milch, gemischt mit der Magensäure nicht so häufig in die Speiseröhre hoch läuft.

Bei einer Hüftdysplasie kann in einigen Fällen das korrekt gebundene TT eine sehr große Unterstützung zur Hüftgelenksreifung sein, und nach Absprache mit dem Orthopäden evtl. das Tragen einer Schiene zeitlich verkürzen.

Es gibt etliche Lebenssituationen, in denen das Tragen des Kindes am Körper das gemeinsame Leben erleichtern kann, Frühgeborene z.B. profitieren vom sog. "Nachtragen", blinde Kinder gewinnen sehr viel schneller an Sicherheit, da sie die Eltern spüren, Down-Kinder nehmen intensiver am täglichen Geschehen teil, die Liste ließe sich beliebig fortführen.

Durch das ständige Bewegen der Trägerin oder des Trägers, wird beim Kind vor allem der für uns sehr notwendige Gleichgewichtssinn angeregt, was sich positiv auf die Gehirnreifung und die motorische Entwicklung auswirkt. Ebenso fördern wir den Taktilen Sinn (Tastsinn), das Baby spürt, Tuch, Kleidung, oder nackte Haut, atmet den Duft der Eltern ein und fühlt sich sicher und geborgen.
Wichtig sind dabei eine kompetente Beratung, ein evtl. Hausbesuch der Trageberaterin, damit die frühe Hilfe nicht an langen Wegen der Eltern scheitern muss. Eine qualitativ hochwertige Beratung darf nicht in "Schubladendenken" verfallen (z. B. Down-Kinder nie!!! in ein elastisches Tuch setzen ), denn es gibt meiner Meinung nach nicht DIE Tragehilfe bei DER Behinderung, eine Beraterin sollte immer die individuellen Bedürfnisse jeder einzelnen Familie im Blick haben, das gilt für gesunde, behinderte oder kranke Kinder gleichermaßen.
Bei medizinisch nicht vor geschulten Trageberatern, bei Zweifeln und Unsicherheiten ist es meiner Erfahrung nach unbedingt erstrebenswert mit anderen Fachleuten gemeinsam zu arbeiten.
So können Fehler vermieden werden, und sich Netzwerke bilden, welche wiederum sehr viel mehr Eltern erreichen, die eine tragende Verbindung zu ihrem Kind aufbauen möchten.

Quelle: www.didymos.de

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